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Digital Payments Perspektiven

Am SGS-Kongress 2024 hat unser Team ein Panel organisiert zum Thema «Digital Payments: Neue Vulnerabilitäten?». In drei Vorträgen haben wir Perspektiven auf Zahlungen eröffnet und gezeigt, dass Bezahlen soziale Beziehung ist, kritische Infrastruktur und Datafizierung.

Vom 9. bis 11. September 2024 fand der Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie (SGS) 2024 in Basel statt.

Digital Payments: Neue Vulnerabilitäten?

Geld ist schon lange Gegenstand der Soziologie und der Anthropologie. Neue digitale und mobile Zahlungsweisen erfordern einen neuen Blick auf die sozio-technischen Beziehungen, die den Austausch von Wert ermöglichen (oder erschweren).

In unserem Plenum eröffnen wir Perspektiven auf die sozialen Beziehungen und die Infrastrukturen des digitalen Bezahlens, die Finanzplätze sowie auf die Funktion der Datafizierung von Transaktionen. Wer hat Zugang zu den digitalen Infrastrukturen und zu welchen Bedingungen? Welche neuen Vulnerabilitäten entstehen durch die Nutzung dieser Technologien oder werden (vermeintlich) dadurch beseitigt?

Bezahlen ist soziale Beziehung, kritische Infrastruktur, Datafizierung

Täglich verhandeln und markieren wir mit Geld unsere Beziehungen (Zelizer, 1996). Die Digitalisierung bringt neue Weisen des Bezahlens mit sich: Was bedeutet das für soziale Beziehungen zwischen Familien, Freunden, Unternehmen, Staaten? Denn digital zahlen und bezahlt werden kann nur, wer die richtigen Beziehungen hat. Mobiles Bezahlen und Finanz-Innovationen versprechen Inklusion der »Unbanked«, erzeugen aber auch Widerstand gegen allumfassende Technologisierung und Datafizierung des Alltags sowie Exklusion bestimmter Bevölkerungsgruppen, die nicht teilnehmen können oder wollen.

Digitales Bezahlen ist auch Arbeit (Maurer, 2012), die die verschiedenen Akteure verrichten, um Wert von A nach B zu übermitteln: Transaktionen, die nicht im Medium des Bargeldes ablaufen, brauchen Intermediäre, die Zahlungen autorisieren, übermitteln und verarbeiten. Der digitale Transfer von Wert setzt verlässliche und sichere technische Infrastrukturen voraus. Neben öffentlichen Infrastrukturen wie Post und Nationalbanken, (ehemaligen) Kooperativen wie Visa und Mastercard (Stearns 2011) sind es heute private digitale Plattformen wie Google und Apple, die sich als Intermediäre in den Werttransfer einschalten. Diese mächtigen Plattformen regulieren, wer, wen, wann und wie bezahlen kann – manchmal bedeutet das Ausschluss und manchmal Teilhabe (Swartz, 2020; Westermeier, 2020). Der Akt des digitalen Austauschs erzeugt auch Daten und bietet Unternehmen so die Möglichkeit, ein anonymes Publikum in bekannte Personen zu verwandeln: Die Transaktionsdaten werden zur zentralen Ressource, um Verhaltensvorhersagen und Risiken zu berechnen. Mit verschiedenen Bezahlformen gehen spezifische Wertversprechen für die Nutzer:innen einher: Prestige und Status (Turow, 2017), Convenience und Experience (Tkacz, 2019). Die datafizierten Praktiken der Nutzer:innen werden in Daten-Modellen abstrahiert, als möglichst friktionslose Experience re-designed und in Form von technischen Verhaltensoptionen den Nutzer:innen angeboten. Wie werden die Plattformen und Transaktionsdaten zum Beispiel von E-Commerce oder stationärem Handel genutzt, um bestehende Vulnerabilitäten zu erkennen und zu manipulieren? Und wie verstärken sich dabei bestehende Ungleichheiten (Fourcade/Healy, 2017)?

Kritische Sondierung zum Begriff der Vulnerabilität

  • Wie verändern die Möglichkeiten des digitalen Bezahlens die Art und Weise wie Nutzer:innen Beziehungen pflegen und welche Vulnerabilitäten oder Ausschlüsse entstehen dabei?
  • Wie verändern neue Zahlungstechnologien die Beziehungen zwischen verschiedenen Akteuren wie Händler:innen, Banken, Fintech-Intermediären, Payment Providers und Nutzer:innen? Wie verteidigen sich nationale Akteure gegen global agierende Plattformen (z.B. Twint, Paypal vs. Apple Pay)?
  • Welche neuen datenbasierten Geschäftsmodelle ergeben sich aus digitalen Infrastrukturen und welche neuen und alten Ungleichheiten ergeben sich aus der Verwertung von (persönlichen) Transaktionsdaten?

Panel-Programm

Mit unserem Vortrag «Digital Payments Perspektiven» hat unser Team von der Universität Luzern, Tatjana Graf, Antonia Steigerwald und Dr. Markus Unternährer, das Panel eröffnet. Den zweiten von drei Vorträgen mit dem Titel «Geld als Datenträger» hielten Marek Jessen und Dr. Carola Westermeier von der Universität Giessen. Den Abschluss machte Dr. Sebastian Gießmann von der Universität Siegen mit seinem Vortrag «Am Grund der Zahlung».

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Pay me if you can

Unser Forschungsteam war an der re:publica 2023 dabei. Unsere Session trug den Titel «Pay me if you can: Wie digitales Bezahlen verbindet und trennt». Darin zeigten wir, dass nur digital zahlen und bezahlt werden kann, wer die richtigen Beziehungen hat.

Die re:publica fand vom 7. bis 11. Juni 2023 in Berlin statt.

Täglich verhandeln wir mit Geld unsere Beziehungen: Ein Gutschein zum Geburtstag ist persönlicher als Bargeld, der fixe Brotpreis beim Bäcker markiert eine geschäftliche Beziehung und das Trinkgeld liegt im eigenen Ermessen. Die Art der Zahlung zeigt an, in welchem Verhältnis wir zu unseren Mitmenschen oder zum Geschäft stehen. Was, wenn dieses Verhältnis berechenbar wird, zum Beispiel mit Payback-Daten? Und was, wenn Zahlungsdienstleister und -Plattformen bestimmen, wer an wen bezahlen kann? Wir gehen diesen Fragen in drei Inputs nach.

Ein Euro ist nicht immer ein Euro

Das Geld von meiner Oma zu Weihnachten wird zum Spass-Geld, während mein Lohn die Familie finanziert und das Sparkonto meiner Tochter nicht angerührt wird bis sie 18 ist. Ist es ethisch vertretbar, Geld aus Drogenhandel in der Kirche zu spenden? Woher Geld kommt, bestimmt mit, wohin es geht. Wie verändert sich dieses Verhältnis mit Bezahl-Apps? Warum kann ich meine Arztrechnung (noch) nicht per PayPal begleichen?

Im Laden wird ein Euro manchmal mehr als ein Euro

Gewitzte Kund:innen erhalten zu jedem Einkauf noch Treuepunkte hinzu. Treue als In-Store-Currency bindet Konsumenten und Einzelhandel aneinander. Durch Cashbacks, Coupons oder personalisierte Angebote erhofft sich der Einzelhandel diese Treue zu maximieren. Wie wird Treue zur Währung? Und wie berechnet man eigentlich, welches die guten und welches die schlechten Kund:innen sind?

Wenn ich per Karte zahle, wird ein Euro weniger als ein Euro

Denn wenn ein Euro von A nach B fliesst, müssen Geschäfte ihren Zahlungsdienstleistern, also meinem Kartenherausgeber und dem Zahlungsnetzwerk Gebühren bezahlen: Mit digitaler Geld-Infrastruktur verdient man Geld. Wer wessen Karten akzeptiert und wer wie viel erhält ist Gegenstand vom Wettbewerb zwischen konkurrierenden Parteien. Wie beeinflussen Apps diese Verhältnisse und welche Rolle spielen dabei Transaktionsdaten?

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Personalisierung im Schweizer Detailhandel

Anlässlich des Dies Academicus der Universität Luzern durfte ich mein Forschungsprojekt vorstellen. In dem vierminütigen Input zeige ich auf, wo im Schweizer Detailhandel Einkaufsdaten gesammelt und zu welchen Zwecken sie ausgewertet werden.

Der Dies Academicus fand am 3. November 2022 an der Universität Luzern statt. Es würden fünf Ehrendoktorwürden vergeben, der Best Teaching Award und fünf Dissertationspreise (einen davon an Markus Unternährer). Mehr Infos, die Reden und einige Fotos unter: https://www.unilu.ch/universitaet/portraet/dies-academicus/2022

Das Input-Referat von mir startet bei 01:31:52.